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Elijah Craig 12

Ich gönnte mir, zur Vorbereitung auf unseren creative drinking Urlaub, einen malerischen Ausflug in die vanilligen Gefilde eines Kentucky Straight Bourbon dargeboten in der Form eines Elijah Craig 12 Jahre.

Elijah Craig 12 Flasche

Die meisten Bourbon Flaschen sind, durch ihre robuste Formgebung eher Blödbabblers Hand-Style, als die meist zierlichen Scotchflaschen, stellte ich wieder einmal gleich zu Anfang meines Tastings wohlwollend fest.
Diese Flasche erinnert mich an die, aus alten Western bekannten Medizin-Buddeln, welche - gewöhnlich mit Schlangenöl zur Heilung jeglicher Wehwehchen - von windigen Händlern unters gutgläubige Volk gebracht wurden. Passt ja irgendwie zum Namenspatron.

Sie wird durch einen wuchtigen Korken verschlossen, der mit einem satten Flummp den Hals verlässt; schon mal ein schöner Anfang.


Nun kann der Blödbabbler zwar mit Religion nichts anfangen, hält sie sogar für das Hemmnis auf dem Weg zu einer friedlichen Gesellschaft, doch ist er immerhin bereit sinnvolle Errungenschaften zu lobpreisen.
Da man schottischen Whisky nachweislich, dank der historischen mittelalterlichen Lieferliste eines Mönchs, mit Gerste in Verbindung bringen kann, verneige ich mich freudig und in Demut vor diesem Mann für seinen sinnvollen Beitrag zur menschlichen Entwicklung und der Kultur.
In den USA gab es nun wohl einen durchaus dubiosen Baptisten-Pfaffen, der neben vielen anderen tollen Taten auch eine kleine Destillerie gründete.
Wie es der Zufall wollte, erfand er angeblich nach einem Brand in der Destillerie, bei dem die dortigen leeren Fässer angekokelt wurden quasi den Bourbon.
Nun ja, ich denke wer an Auferstehungen, Jungfrauengeburten und Unfehlbarkeit glaubt, dem erscheint auch das Mysterium wieso die Fässer innen verkohlt waren und nicht außen, nicht mehr sonderlich widersprüchlich.
Seis drum. Mir geht es ja um den Whisky und nicht um den Namensgeber und seine wunderlichen Taten.

Nachdem man mit dem oben bereits beschriebenen Flummp die Flasche entkorkt hat, läuft der Bourbon nahezu geräuschlos durch den breiten Ausguss in mein Nosing Glas.
Zum Schnuffeln ist das definitiv die richtige Wahl, um den Kerl richtig zu trinken muss ich gestehen, ziehe ich den Jack Daniels Tumbler vor.
Aber eben erst beim zweiten dritten nächsten Nachtasting und nicht schon dann, wenn sich mir der alte Pfaffe erstmalig vorstellt.
Wenn man sich mit Bourbon bekannt manchen möchte, den Kontakt sucht dann sollte man den Geruch von Aceton mögen.
Manche assoziieren damit Nagellackentferner, ich eher Klebstoff, während der Herr AausB an Terpentin denkt.
Ich habe die Vermutung, je nachdem ob man als Kind eher ein Bastelfreund, Fingernagellackierer oder Reinigungsfetischist war assoziiert man anders.
Blödbabbler ist mit den Ramones und ihrem Song "Now, I wanna sniff some glue" groß geworden, trotz der allgegenwärtigen Gefahren die massive Klebstoffausdünstungen in den Werkstunden unserer Grundschule mit sich brachten.
Aber ich schweife ab, hoffentlich nicht doch eine Spätfolge der hirnerweichenden Ausdünstungen von Uhu, Pattex und Co. *grins*

Der werte Herr Craig verströmt ein süßliches Aroma, Vanille und Honig und später im Glas einen Hauch von Tabak, während hinter allem -angenehm unaufdringlich- der Klebstoff lauert.
Sein Antritt ist durchaus wuchtig und stark zu nennen, er wärmt die Mundhöhle in Kürze auf Betriebstemperatur auf.
Toffee und Vanille erscheinen vordergründig auf der Zunge eskortiert von schwachen eichig bitteren Noten an den Flanken.
Nach längerem Zunge gegen den Gaumen pressen und gleichzeitigem Ausatmen durch die Nase, ein Wunder das ich mich nicht auch noch auf den Kopf dabei gestellt habe *grins*, erahne ich auch noch den Geschmack von Heu.
Als alter Allergiker nicht unbedingt mein absoluter Favorit, aber besser als Schmieröl oder alter Lagerhallenboden.
Beim Thema alter Lagerhallenboden fällt mir noch ein, der Elijah Craig hinterlässt im Glas ein schmieriges braunes Etwas, das man am nächsten Tag finden kann, wenn der letzte Tropfen verdunstet ist.
Er scheint ungefiltert zu sein oder sie haben das Lagerhauskehricht noch schnell in die falsche Tonne vulgo das Bourbon-Fass entsorgt.
Der Abgang ist mittellang, vanillig und ein wenig trocken, nicht unbedingt sehr spektakulär.
Nach der unglücklichen Begegnung mit einer missbrauchten Flasche Aberlour 10 hat mich erneut der Korkenteufel erwischt und veredelt den späten Abgang mit sanftem Korkaroma; einer Geschmacksnote die ich definitiv nicht brauche.
Selbst Wasser reinigt hier die Zunge nicht schnell genug von diesem muffigen unangenehmen Überbleibsel, so dass an ein Spaßtrinken mit dieser verunreinigten Fassung des EC12 leider nicht zu denken ist.
Schade.
Denn, wie bei den meisten Bourbons, Ryes oder Candians sehe ich da eigentlich das größte Potenzial, im Gegensatz zum klassischen Single Malt Scotch.
Den will ich genießen, am besten im Blenders Malt oder dem Nosing Glas, dezent schnuffeln und nach Aromen suchen, sich rein vertiefen und entdecken, immer und immer wieder. Mit Wasser, ohne Wasser, bei hellem Lampenlicht oder bei Dunkelheit.
Egal!
Hauptsache Indiana Blödbabbler auf der Suche nach dem dram des Lebens.

Anders beim Bourbon, hier darf es, meiner unbescheidenen Meinung nach, durchaus auch mal der ansonsten aus gutem Grund verpönte Tumbler sein.
Ok, Eis würde ich immer noch weglassen, dennoch, diese Art Whiskey macht Freude und Spaß, ist in meinen Augen weniger connoisseur best choice als vielmehr ein erfreulicher Begleiter für einen -gerne auch mal grenzenaustestenden- Abend.

Die Preisspanne für diesen angenehm vollen Bourbon liegt bei 19 - 28 Euro für die 0,7 Liter Flasche, für 28 würde ich allerdings wohl eher zu einem Buffalo Trace greifen, für knappe 20 Euro ist der EC 12 sicherlich ein wohlfeiler Kauf.

Der Elijah Craig wird mit virilen 47% abgefüllt und kommt -wie es gutes Gesetz ist- ohne Zugaben von Farbstoffen, wie dem sinnfreien E150, trotzdem mit schöner Farbtönung daher.
Hier heißt es für noch viele Destillen in Schottland: von USA lernen wäre ein guter Anfang, lasst endlich diesen Zuckerkulör Müll weg.
Mein kostenloser Tipp an die Hersteller: Packt doch ein Beutelchen E150 den Flaschen bei, falls es jemanden geben sollte, dem die Farbe seines Whiskys nicht gefällt ... aufgerissen ... et voilà das Pulver dazu gekippt und jeder ist glücklich. Vor allem die, die ihren Whisky zuckerkulörfrei vorfänden und diese Beutelchen dann bei ebay verticken könnten.
Denkt mal drüber nach.

Wertung Kentucky Straight Bourbon Whiskey
Elijah Craig 12

Geschmack:
Fass3
Preis-/Leistungsverhältnis:
Smile5

Fazit: Ein Whiskey der einem durchaus den Abend versüßen kann. Wenn er denn nicht gerade in einer korkigen Variante auf dem Tisch steht, aber ich vermute das ist nicht bauartspezifisch bei diesem Bourbon, sondern ein Unglück der Lagerung. Für knappe 20 Euro ein guter Bourbon der sein Geld locker wert ist. Freunde des extremen Klebstoff-Feelings werden allerdings nicht vor Verzückung jauchzen, weder beim Schnuffeln noch beim Verkosten - ein klarer Pluspunkt für alle 'normalen' Trinker. Greift zu wenn ihr ihn für kleines Geld seht, auch wenn ihr ein notorischer Malthead sein solltet; es ist immer spannend zu erleben was auf der andern Seite der Mauer los ist. Vor allem wenn ihr sie nicht gebaut habt :-D


Der geniale ralfy stellt den Elijah Craig 12 in seinem lustigen Bärenfellimitat-Pullover vor. Hier gibts das passende Elijah Craig 12 Tasting video bei ralfy.com

Horst Lüning hat auch ein Tasting-Video vom Elijah Craig 12 bei youtube.

Ihnen Ihr Blödbabbler

Rating-Info
6 Perfekt - 5 Wunderbar - 4 Lecker - 3 Gut - 2 Brauchbar - 1 Widerlich - 0 Fußbad
Lukas (Gast) - 16. Jan, 14:26

Röstige Aromen bringen den Kick!

Ich hatte den Elijah Craig 12 auch letzens im Glas und fand ihn sehr gut. Diese ausgeprägt röstigen Noten, die an verbrannten Toast erinnern, haben echt was. Wirklich einer der markantesten Bourbons, die ich in der letzten Zeit getrunken habe. Und die Preis-Leistung (mittlerweile kostet er ja eher in Richtung 25-30 Euro) stimmt finde ich auch!

bloedbabbler - 19. Jan, 19:09

Hallo Lukas.

Ja, der Elijah Craig ist ein netter Stoff, auch wenn ich ihn mir vermutlich für den aktuellen Preis nicht kaufen würde.
Bei meinen kurzen Stichproben liegt er leider eher zwischen 28 und 30 Euro - ich finde, da leidet dann das PLV doch ein wenig. Obwohl man fairerweise immer wieder auf die 12 jährige Reifezeit hinweisen muss. Dennoch wäre mir inzwischen ein Bulleit Rye oder auch ein Woodford Reserve lieber im Glas.

Schöne Seite habt ihr, Glückwunsch. :-)

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