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Fernsehen als Nebenwirkung

Vorhin in der ARD hängengeblieben.
Es ging um Scharlatanerie und quasi religiöses Tun, also Homöopathie und ähnlichen Humbug.

Herr Beckmann zeigte uns geschäftstüchtige Parasiten die sich von menschlichem Leid nähren und das Geschäftsgebaren dann gerne noch als Wohltat verkaufen.
Ein bekannter TV-Sender, einer der Esoterik jeglicher Art an den Mann oder -vermutlich öfter die Frau(sorry, der musste sein, ich habe einen Ruf zu verlieren!)- bringt, war ebenso dabei wie bizarre Heiler jeglicher kulör. Es reichte offenbar nicht dem Moderator ein Ei auf den Kopf zu klatschen, aber es war ein Anfang.
Mir persönlich hätte bei diesem Gruselkabinett ja eigentlich noch einer dieser sich kanzerös in meinem TV festsetzenden Bibel-Sender gefehlt – immer voller sinnfreier Heilsversprechen und immer nah am im ArschPuls Gottes - aber man kann ja nicht alles haben.

Spannender wurde es aber nach Beckmann dann bei Plasberg, einer Sendung die ich gewöhnlich nicht gucke, da mir der Pseudo-Proporz der Schwätzer zumeist ein Dorn in der Thea oder eben im Poppes ist -was aufs Gleiche hinauskommt.

Niemand kommt auf die abwegige Idee zum Thema Holocaust, oder wenn man von amerikanischen Serien und deren Nomenklatur weg will, der Shoa, ein Rudel Nazis und Antisemiten einzuladen –verstehn‘ schon wegen der Ausgewogenheit muss das sein!
Dem Jud' nicht das Wort und die Deutungshoheit alleine überlassen, Meinungsvielfalt ist wichtig.

Bullshit!

Wenn es jedoch um irrationale Ängste, vorwissenschaftliches Gehabe also schlicht Scharlatanerie geht, ist der Proporz nicht weit.
Da sitzen ängstliche Retter des Abendlandes in den warmen Sesseln des Proporzes und abgewählte FDPler dürfen kräftig absenfen nur damit auch jeder mal an den offenen Mülltonnen der vermeintlichen Meinungsfreiheit schnuffeln kann.
Wie scheinbar eines der 10 Gebote des öffentlich-rechtlichen Sendungsauftrags, gemeißelt in und durch die Betonköpfe der Sendungsverantwortlichen, erscheint er ungefragt in jeder Talkshow – der Proporz.
Und zwar nicht mit dem Hinweis: Achtung, Satire! Das befolgen der Handlungsanweisungen der ‚Alternativen‘ könnte ihrer Gesundheit oder ihrem Verstand schaden, aber wenn sie noch alle Tassen im Schrank haben, tun sie ja eh' nicht befolgen tun, was die quasseln.
Sondern die Bauchmeinungen werden quasi gleichberechtigt eingeführt, so als wenn eine Meinung den gleichen Erkenntnischarakter hätte wie eine wissenschaftliche Studie.

Herr von Hirschhausen, den ich für einen der schlechtesten Witzereißer halte, zwar deutlich vor dem Olympiastadionvollmacher Barth, aber weit hinter bspw. Wolfgang Schäuble oder dem Lucke, hat aber auch eine sinnvolle Aufgabe im Leben die er ausfüllt -die des (Kinder) Arztes.

Da er einen gewissen Unterhaltungswert- und auch eine Grundintelligenz- mitbringt ist er ein guter Vertreter für wissenschaftliche Ansätze die man dem gemeinen Plasberggucker ans Herz legen möchte.

Es ging im überwiegenden Teil um "das Impfen bei Masern", wogegen -zumindest bei klarem Verstand und jenseits einer esoterisch angehauchten und von wohlstandsgesichterter Lebensauffassung- kein Mensch Anstoß nehmen kann.

Die Zusammensetzung war klar: Auf der Seite der 'das alles mal kritisch, aber ganzheitlich sehen Müsser' saßen zwei Homöopathen(die eine davon (zusätzlich?) Heilpraktikerin und die andere Ärztin).
Dazwischen saß eine Wetterfee, eine die homöopathische Mittel -wenn sie bei ihr ganz doll gewirkt haben- auch total toll findet, aber ansonsten zum Thema "Impfen" eher bei den Impfbefürwortern war.
Als klare Impfbefürworter etablierten sich besagter Herr von Hirschhausen und der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V..
Fairerweise muss man erwähnen, dass die beiden Homöopathinnen nicht zu der Sorte "Komplett-Stumpfsinnige-Impfverweigerer" zu zählen waren, zumindest nicht wenn man ihren Ausführungen Glauben schenkt.

Dennoch wurde sinnfreier Weise -und Herr v. Hirschhausen wies dankbarerweise darauf hin- eine gewisse Gleichrangigkeit der Meinungen suggeriert.
Dem ist offensichtlich nicht so, auch wenn die beiden Frauen immerhin auf Aussagen des Robert Koch Instituts verwiesen, anstatt mit Globuli zu werfen.

Ich rätsele immer noch, muss ich mir bei klarem Kopf morgen nochmal anschauen, ob sie Recht haben und es einen Todesfall pro Jahr als Nebenwirkung bei der Masernimpfung in Deutschland gibt oder nicht.
Bezogen auf wie viele Impfungen und was wäre da die Prozentzahl?
Es wird dort -beim RKI- eine Zahl von 0,9% genannt, die sich aber auf eine Studienzeit von 12 Jahren bezieht und auf Fallzahlen Bezug nimmt, bei denen mir nicht klar ist, welche der im Text genannten Fallzahlen gemeint sind.
Das RKI beziffert die Todesfolgen für Masern in Deutschland auf 1 pro 1000 Erkrankte, wo liegt der Wert wenn wir eine deutlich schlechtere Durchimpfungsrate hätten?
Immer noch bei einem pro Tausend, aber die Zahl der Erkrankten wäre natürlich deutlich höher, somit auch die Mortalität.
Wie gesagt ich schaue morgen mal ob ich es besser verstehe wenn es hell vor der Tür wird.

Dass in Erfurt bei einer Waldorfschule die Masern ausbrachen überrascht natürlich auch nicht. An diesen Orten(also Walldorfsalatschulen nicht Erfurt) sammelt sich ja die geballte, ach so kritische und dabei so strunzdumme Mittelschicht, jene die sich selbst auf dem Weg der Erleuchtung dünkt.
SUV-zum-Biomarkt-Fahrer. Verzogene-Terror-Kinder-auf-die-Welt-Loslasser.

Warum man dann allerdings wieder die sanfte, ach so alternative Medizin Quaksalberei des Herrn Hahnemann versuchte als echte Medizin zu etablieren, ist ein Rätsel der öffentliche-rechtlichen Ausgewogenheitsparanoia an dem ich noch kaue. Gehässigerweise wurden die beiden Homöopathinnen mit einem Einzelschicksal eines an den Spätfolgen der Masern verstorbenen Jungen konfrontiert - einer Methode der sich sonst gewöhnlich die Homöopathie bzw. deren Vertreter bedient um ihre 'Erfolge' zu belegen. Anekdoten und Einzelheilungen statt des Nachweises signifikant mehr Heilung als innerhalb der Placebogruppe und jenseits des besagten Effekts Ergebnisse zu erzielen. Das war aber nur eine Randnotiz die mich schmunzeln ließ, obwohl das Schicksal des Jungen und seiner Eltern natürlich naheging.

Aber das schrieb ich ja bereits vor einiger Zeit in meiner Antwort an Frau IGing, natürlich ist jedes Einzelschicksal bedauerlich und natürlich gibt es die Möglichkeit von Impfschäden - man muss abwägen, was wahrscheinlicher ist und entsprechend handeln. Jedes Einzelschicksal, sei es Impfschaden oder -was wahrscheinlicher ist- Masernschaden ist brutal und bedauerlich. Nur, mit dem einen Ansatz versucht man gesamtgesellschaftliche Besserung und mehr Sicherheit zu etablieren und mit dem anderen reitet man auf der Hoffnung, dass die anderen mit ihrer Immunisierung es schon richten werden. Man versucht den Schutz zu bekommen ohne ein Risiko einzugehen und das ist arschig und asozial!

E. von Hirschhausen wies zurecht drauf hin, wann Homöopathie eine Alternative sein kann - zu Zeiten in denen Medizin mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Nichts tun ist besser, als was falsches zu tun.

Zum Beispiel die Medizin vor über 200 Jahren. Nur hat sich die Medizin seit dieser Zeit weiterentwickelt, wir haben inzwischen eine Ahnung, meist sogar verifizierbares Wissen, was krank macht - etwas das der Homöopathie bis heute fehlt.
Die behandelt nach dem Motto "Gleiches mit Gleichem" Symptome nicht Ursachen.
Und das nachweislich im luftleeren Raum.
Das Grundregelwerk liegt in der 7. unveränderten Auflage von vor 150 Jahren vor und ist immer noch Ausbildungsgrundlage für Homöopathen.
Keine Widerlegung von Gottes Worten. Stillstand. 200 Jahre Erkenntnisvakuum.
Sogar einige der aktuellen monotheistischen Religion sind da kritikfreudiger als die Jünger Hahnemanns. Kein gutes Zeichen.

Das schlucken von Zuckerkügelchen, wenn es denn nicht viele Kilos davon sind, ist natürlich ungefährlicher als ein sinnfreier Aderlass oder das massive Einflößen von Quecksilber wie es zu Zeiten des Erlösers vom Onkel Doktor angezeigt wurde.
Oh, hoppla, Quecksilber findet der olle Hahnemann ja auch doll, allerdings so verschüttelt das es ungefährlich ist. ;-)

Das nun die Frau Wetterfee bei Plasberg immer wieder -unwidersprochen- von der Natürlichkeit homöopathischer Mittel sprechen konnte, zeigt mir, dass sich der Moderator wenig vorbereitet hat oder er es bewusst zuließ diesen Unfug lanciert zu sehen.
Ich weise wieder mal auf Leprazellen, Eiter oder Hundekot hin, alles sicherlich natürlich aber anders als es die Wetterfrau meint -vermute ich zumindest.
Das Einzige was es erträglich macht diese Sachen zu sich zu nehmen, ist, dass nach den magischen Schüttel-und-Klopf Ritualen und der massiven Verdünnung des Ausgangsprodukts eh' nix mehr davon in den Gläschen ist.
Was bleibt ist zumindest Ekel bei der Vorstellung

Solange die grundlegende Struktur der Homöopathie augenblicklichem, gesicherten Wissen der Naturwissenschaften widerspricht ist sie also eher was für die Sendung vom Beckmann über Scharlatanerie, denn ein würdiger Diskutant, geschweige denn ein gleichwertiger für wissenschaftliche Erkenntnisse und eine evidenzbasierte Medizin.

Wer Partys bestellt muss bezahlen.
Wer Behauptungen aufstellt muss sie beweisen.
Das gilt für Götter ebenso wie für Heilmethoden.
Nicht der Kritiker muss die Nichtexistenz oder Nichtheilung beweisen, sondern der, der sich was ausdenkt und damit an die Öffentlichkeit tritt muss ein diskutables und argumentatives statement abgeben.

Ich schüttel‘ mir jetzt mal einen mit meiner Hochpotenz zur Nacht und verbleibe Hochachtungsvoll
Ihnen Ihr Blödbabbler, zu dumm um skeptisch zu sein.

#Ah, bei den Skeptikern gibts auch was, vor allem hat Herr Harder das Video schon verlinkt. via gwup#

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