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Fratzenbuchs Satire?

Es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, bis endemisch grassierendes und bahnbrechend-fehlendes Textverständnis im Internet Maßnahmen nach sich ziehen muss.

Der allseits beliebte, asoziale Dienst "Das Fratzenbuch" markiert in einem Test diverse Texte mit einem Satire Zeichen; vermutlich um damit die -durch mangelnde Apperzeption vorgeschädigten Nutzer- im Leben nicht noch irriger gehen zu lassen, als sie es heute bereits zu sein scheinen.

Ich verstehe, das manchmal - besonders wenn man kein Freund von Lesekompetenz und Textverständnis ist- Landschaften aus Buchstaben und ihrer gemeinen Erscheinungsform als Wort- und Satzbildungsungetüme dem Betrachter durchaus bedrohlich erscheinen können.
Mit einer Aufmerksamkeitsspanne von der Lebensdauer einer Oligoneuriella rhenana gesegnet, fällt es den gemeinen Insassen der sozialen Gummizelle "Fratzenbuch" offenbar tatsächlich schwer -über Grunzlaute (rofl, lol) hinaus- Textzusammenhänge zu erfassen und sich dessen Aussagen zu erschließen. Es wurden aber auch Ausbrüche in der realen Welt und an den Rändern des INternets gesichtet.

Deshalb und weil ich sie mag, segne ich ja meine -meist unverständlichen und deutlich zu langen- Texte auch mit Smilies, sooft es mir möglich ist.
Denn, wenn ich über die letzte Dekade etwas lernen durfte, dann, dass viele Mitmenschen gerne dazu neigen ihr mangelndes Humorverständnis oder den fehlenden Begriffshorizont als Anlass für generelles Missverstehen auszunutzen und wutentbrannt ihren Schaum bei mir abzuladen.
Hier hilft es erfahrungsgemäß den übervollen Dampftaschen bereits im Vorfeld die Luft mithilfe eines kleinen Smilies - einem angepieksten Luftballon gleich -abzulassen.
Dieser zeigt auch dem eher anspruchslosen Gemüt, "Alles in trockenen Tüchern!", der Autor ist gar nicht so böse, wie er es zwischen den Zeilen anklingen lässt.
O.k. das würde man zwar gewöhnlich, wenn man sich noch die Zeit nähme den Text richtig zu lesen und dann einzuordnen, auch so merken, aber mit kleinen lustigen Lesehilfen gehts dafür deutlich schneller.
Diesem Zustand, und dem, dass sich beim Fratzenbuch -scheinbar jenseits einer Gaußchen Normalverteilung- noch mehr ,des dem Kontextsensitiven unfähiges Pack, herumtreibt als gewöhnlich in Foren und Blogs trägt man mit diesem ersten Test offenbar Rechnung.

Mir gefiel ein Kommentar dazu, der es ziemlich genau auf den Punkt bringt:
I doubt the people who fall for posts such as "“Disgraceful photo of recreational hunter happily posing next to a triceratops he just slaughtered” are likely to understand what the word Satire means. Quelle:ars technica

Auch wenn es mir echt schwerfiel, so habe ich mal die Smilies in diesem Text weggelassen, weise aber darauf hin, dieser mein Text ist keine Satire.

Ihnen Ihr Blödbabbler
steppenhund - 19. Aug, 13:39

Das ist schon höhere Aufregung, die Sie sich da leisten :) Nicht, dass ich ihr widersprechen möchte. Aber wir müssen gar nicht auf den geschriebenen oder getippten Text warten.
In meinen Schulungen und verschiedenen Unterrichten bemerke ich, dass die Leute Worte verwenden, - ganz flüssig, ohne jeden Zweifel aufkommen zu lassen, dass sie nicht wissen, was der Begriff aussagt. Das ist an sich nichts Neues, ist aber in einer Disziplin wie der Informatik manchmal etwas störend, wenn ein Student gefragt wird, was die Eigenschaften einer Transaktion sind. Die kann er noch im besten Fall runterbeten, wenn man ihn aber dann fragt, was die einzelnen Begriffe bedeuten, gibt es nur mehr akustisches Vakuum. Nicht nur von ihm, auch von dem Rest der Zuhörenden.
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Als Beispiel verwende ich das Wort Konsistenz, das ja die unterschiedlichsten Bedeutungen haben mag. In Bezug auf Datenbanken kann man aber wohl am bester Widerspruchsfreiheit ersetzen. Und die wäre ja doch ein bisschen wichtig bei Daten.
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Aber was rege ich mich auf. Das ist ja alles nicht mehr so wichtig. Der weiße Text auf Ihrem giftgrünen Hintergrund ist ja auch schwer zu lesen:) (Sie verstehen schon: ich habe dunkelgrau durch weiß ersetzt und hellgrau durch giftgrün. Ist alles nur Vereinbarungssache. So machen es die Mathematiker ja auch, für die seit einiger Zeit die Null eine natürliche Zahl ist. Hier gibt es auch keinen Smiley, denn das ist noch weniger als Satire, das ist Aufgabe unseres wissenschaftlichen Kulturgutes.)

bloedbabbler - 19. Aug, 17:31

Hallo Herr steppenhund. :-)

Ich liebe es mir etwas zu leisten - und wenn es auch nur die Aufregung sei. :-D

Sprachliche Veränderungen gibt es ja permanent - nur die Narren Dogmatiker vom VDS halten das für unmöglich und wehren sich mit Zähnen und Klauen gegen die VerjudungVerenglischung des Deutschen.
Von daher bin ich erstmal offen für Veränderungen, und man merkt es schon, jetzt kommt das große ABER.
Aber Sprache hat natürlich erstrangig eine kommunikative Funktion, das bedeutet sie ist Trägerin von Informationen zwischen einzelnen Subjekten.
Damit das auch sinnvoll funktioniert sollte Begrifflichkeit klar definiert sein und ist es in vielen -wenn nicht gar den meisten- Bereichen auch (noch).

Allerdings fürchte ich gibt es eine schleichende Babylonisierung bei Sprache, wenn denn dieses christliche Motiv erlaubt ist, die letztlich zum Verlust von Kommunikation als Mittel des Datenaustauschs zwischen den Individuen führen könnte.

Gerade in der Wissenschaft ist es natürlich unabdinglich, dass Definitionen eingehalten werden und Begrifflichkeiten klar sind - sonst schwätzt man aneinander vorbei und landet im luftleeren Raum - fern ab jeder echten Erkenntnis.
Selbst im 'normalen' Dialog ist es wichtig das bestimmte Worte klar sind, ein Problem, das im Internet oftmals dank seiner Durchmischung unterschiedlichster Bildungs-und Erfahrungshorizonte eben nicht gegeben ist.
Einer der größten Vorteile des Internets ist damit auch eines seiner größten Probleme.

Wenn der 15 jährige Hauptschulabrecher mit dem 75 jährigen Dozenten über das Wetter redet, kann es noch einigermaßen verständlich dahergehen, bei fast jedem anderen Thema spricht man unweigerlich aneinander vorbei. Da nutzen auch nur Smilies eingeschränkt.
Im echten Leben oder -wie wir Internetgläubigen gerne sagen: RL- ist das schon abgemilderter- meist bleibt man in seinem eigenen sozialen Biotop, oder wenn man denn mal Fremdkontakt hat, dann sieht man gewöhnlich wen man vor sich hat und das ändert bereits die Form der Kommunikation - man pendelt sich im Zweifelfall auf einem sehr niedrigen Level ein oder umgeht das Gespräch gleich.

Wenn Begrifflichkeiten den gesellschaftlichen Kanon verlassen, dann endet es vermutlich wie mit dem armen, alten Mann in der Kurzgeschichte von Peter Bichsel: Ein Tisch ist ein Tisch, der mich seit der Grundschulzeit irgendwie begleitet.

Ich frage mich ja immer ob Zahlen überhaupt natürlich sein können, so entwicklungsgeschichtlich betrachtet. :-D
steppenhund - 19. Aug, 17:59

Es ist wahrscheinlich nicht notwendig, aber zur Klarstellung des Begriffes Natürlichkeit bei Zahlen folgt hier meine Kurzdarstellung.
Es gibt Kardinalzahlen, wie sie das Kind kennt: ein Objekt, zwei Objekte, ... bis zehn geht das noch einfach, ab dann wird es irgendwann schwierig beim Übergang von der Anschauung zur Abstraktion.
Es gibt Ordinalzahlen: der Erste, der zweite, der dritte, etc.
Die natürlichen Zahlen waren bis ungefähr 1970 die Menge von 1,2,3,4,... bis so ziemlich ganz viel große ganze positive Zahlen. Die größte ist Ben Gurion, einem alten jüdischen Witz zufolge.
Die Null kam erst viel später über die Araber zu uns.
Das hat die Entwicklung von mathematischen Formalitäten beeinflusst.
Am interessantesten ist der Induktionsbeweis, der auf der Basis der natürlichen Zahlen funktioniert. Man beweise etwas für eine beliebige natürliche Zahl (die Null war da nicht möglich) und beweise, dass wenn etwas für die Zahl n zuträfe, es auch für (n+1) gelten müsste.
Eigentlich könnte man heute die Hälfte der mathematischen Beweise wegwerfen, falls 0 als natürliche Zahl behandelt wird.
So, genug damit. Auf meinem Blog habe ich gerade ein Wort hingeworfen. Es gibt schon gute Antworten dazu. Allerdings sind meine Blogleser nicht gerade die Dümmsten :)
iGing (Gast) - 19. Aug, 18:11

Das Satirische in einem Text zu erkennen, ist nicht so schwer, wenn man ein gut ausgebildetes "normales" Fundament des Textverständnisses hat. Aber für junge Menschen, die sich derzeit einer Flut von Satire gegenüber sehen, wie es sie nie zuvor gegeben hat, die aber noch gar nicht die (Lebens-)Zeit hatten, sich eine Grundlage wirklich ernst gemeinten Textverständnisses anzueignen*, stelle ich es mir echt schwer vor zu unterscheiden: Was ist Satire und was ist ernst gemeint? Zumal heute offenbar geglaubt wird, dass schlicht alles erlaubt sei, wenn man nur "Satire" dranschreibt - oder es eben einfach "nur" satirisch "meint".

* Es könnte ein junger Mensch die Titanic lesen, noch bevor er überhaupt imstande ist bzw. ohne sich die Mühe zu machen, sich einen sachbezogenen Text inhaltlich anzueignen.

bloedbabbler - 20. Aug, 11:48

Hallo Frau iGing,...

... sie haben natürlich Recht. Ich setzte voraus, dass ein Mensch ein bestimmtes Alter erreicht hat, was nicht unbedingt gegeben sein muss -zumindest nicht im "Fressebuch", denn dort liegt es bekanntlich bei mindestens 13 Jahren. Einem Alter in dem man zwar bereits so satirehaltige Dinge wie bspw. Konfirmationsunterricht genießt, die ersten satirelastigen Beziehungen zum anderen Geschlecht (oder auch dem gleichen) anbahnt oder seinen ersten Vollrausch als Auseinandersetzung mit der Erwachsenen-Welt erfolgreich gemeistert hat, aber all dies erlaubt selbstverständlich nicht daraus den Schluss zu ziehen, dass ein Kind Textzusammenhänge und -inhalte erfassen kann. Obwohl ungefähr zu dieser Zeit selbst in der Hauptschule das Textverständnis in dieser Richtung gelehrt wird, kann man sich bspw. am Lehrplan für 7 Klassen Hauptschule Bayern angucken. Aber auch hier gebe ich Ihnen Recht, nicht jedes Kind wird das können.
Nur bleibt die Frage: sollte man die Norm an (noch) wenigen ausrichten die dessen nicht fähig sind oder wie bisher eher am Mittel?
Die von Ihnen angesprochene, hypothetische Chance, dass sich ein Kind, welches Textzusammenhänge nicht alleine erschließen kann sich hin zur Titanic oder dem Postillon verirrt, ist -zumindest in meinem Verständnis- genau dies, hypothetisch.
Humor und Satireverständnis ist -da gebe ich Ihnen recht- nicht jedermann oder frau gegeben; die einen mokieren sich über den onanierenden Kragenbär und finden das gar nicht lustig, andere können mit Ratzinger-ex-Papsts befleckter Soutane nichts anfangen.
Muss aber auch nicht sein - Satire war noch nie für alle und jeden gedacht, denn sie setzt immer voraus, dass man das verspottete Sujet wenigstens kennt. Humor und Satire laufen immer dann ins Leere -wie übrigens Kommunikation auch- wenn nicht beide Sender und Empfänger eine gemeinsame Basis haben. Deshalb aber zu fordern sich auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner einzupegeln bedeutet -zumindest in meinen Augen- einen zivilisatorischen Rückschritt.

Und sind wir doch mal ehrlich, die herrschende Realität mit den Mitteln der Satire ad absurdum führen zu wollen muss doch zwangsläufig oft maßlos sein, denn die Realität ist es ja bereits bis zum Abwinken.
pathologe - 20. Aug, 08:06

Wann

werden beim Gesichtsbuch endlich ALLE Beiträge ordentlich gekennzeichnet? Also lustige mit "LOL", ernste mit "true", verschwörungstheoretische mit "Snowden", erfundene und erlogene mit "Bundesregierung" und so weiter?

bloedbabbler - 20. Aug, 11:12

Hallo Herr pathologe,...

... vermutlich gleichzeitig mit der dann abgesegneten Fassung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags, die uns Blogschreiberlingen dann ein ähnliches Konzept aufoktroyiert. ;-)
Spätestens dann wird man zwangsweise seine Texte mit einer "18" versehen um nicht von der Armada der Abmahnanwälte ans Bein gepinkelt zu bekomen. Alternativ könnte man dann auch nur noch Texte über Bejamin Blümchensex schreiben und den Rest mit lustigem Katzencontent vollmachen, immer darauf hoffend, dass die Juristerei dann nicht das Idiotengesetz exekutiert. :-D
#edit broken link dank des charmanten Hinweises des Herrn pathologen repariert.#
pathologe - 20. Aug, 12:03

Herr Blödbabbler,

Ihr Link erfüllt bereits die Vorgaben des Jugendmedienschutzstaatsvertrags, denn er funktioniert nicht. Den Leser dumm halten schützt ihn. Für eine Weile zumindest. Bis der Leser entweder a) eine andere Quelle gefunden oder b) das Interesse verloren hat. Ich vermute mal ins Faceb**kblaue hinein, dass die Benutzer des Gesichtsbuches grundsätzlich in Gruppe b) fallen. Wenn sie bis hierhin überhaupt gelesen haben.

(Muss ich Smileys setzen?)
bloedbabbler - 20. Aug, 14:53

Sie müssen selbstverständlich...

... keine Smilies setzen, soweit sind wir allen imaginären Freunden(Götter oder solche beim Gesichterbuch) zum Trotz noch nicht. Und ich verstehe sogar ihren charmanten Hinweis meine Schusseligkeit betreffend, die ich beim Versuch einen funktionierenden Link auf den Hern Stadler seinen Blogbeitrag zum Thema Jugendschutzgehampel zu setzen, mal wieder mit Bravour an den Tag gelegt habe. Danke dafür. :-D
Ich vermute mal nicht das die Nutzer aus dem Reich der bunten Bilder und der geteilten Belanglosigkeit hier viel mitlesen, dafür sind meine BleiPixelwüsten eben dies, zu wüst.

Ich hoffe mal, sie haben sich schon was Selbstvergorenes hinter die Kippa binden können Binde kippen können um sich das Klima und den grasierenden Irrsinn vor Ort schöner zu gestalten.

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