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Gib mal 'n Bier, Mann!

Man öffnet also im Bundestag die Buchse der Pandora und es muffelt abgestanden.
Wie überraschend.
Man lässt den selbsterklärten, wilden Mann von der Leine und wundert sich, wenn er das macht, was er immer macht, wenn er nicht singt: Von sich reden, dummes Zeug reden und das auch gerne mal in Personalunion.

Die Rede ist von Wolf Biermann, dem Verdeutscher von Carlos Pueblas HASTA SIEMPRE COMANDANTE (CHE GUEVARA).
Ein Mann der es, trotzt aller offensichtlichen Bemühungen, nicht schaffte Heines Lyrik durch sein Geklampfe die Magie und Bedeutsamkeit zu nehmen.

Wir Älteren erinnern uns sicher auch noch daran, welche Wichtigkeit man Biermann in der kalten Zeit der Bundesrepublik zusprach, und was aus ihm, in der Adoleszenz- der als Wiedervereinigung getarnten- Markterweiterung Ost, aus ihm dröhnte.
Ich erinnere mich und weiß durchaus noch, was der werte Herr Biermann gewöhnlich öffentlich vertrat.
Auch ich bin kein Freund des stillen Vergessens.
Lautstark, aggressiv und immer im Brustton der Überzeugung, als habe er aus dem Napf des Allwissenden, also seiner eigenen Tasse, getrunken, schwall es aus ihm heraus.
Er vertrat sich, den tollen Typen, den gewichtigen Barden und begnadeten Lyriker, als sei er eine fleischgewordene bohemian rhapsody, tönte es immerzu:Beelzebub has a devil put aside for me, for me, for me.

In erster Linie geht es ihm also um das für ihn Wichtigste, sich, danach geht es dann um ihn und dann , am Ende der Zeit gehts dann auch um die anderen.
Jene, die natürlich zu doof sind zu verstehen, warum er qua Definition Recht hat, ja im Recht ist.

Wer erinnert sich nicht gerne daran, wie er den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Amerikaner 2003 gegen den Irak gut hieß, Kriegsgegner als "Nationalpazifisten" denunzierte und verspottete.
Aber da lag er ja schon länger auf der Linie der neuen deutschen Außenpolitik.
Denn auch beim -ebenfalls völkerrechtswidrigen- Bombardieren der Nato im Kosovokrieg stand er stramm zur Stelle, als eine mediale Koalition der willigen Claqueure für deutsche Kriegseinsätze gefordert war.
Aber ein Bundesverdienstkreuz, ein großes noch dazu, will halt auch staatsmännisch erdient(!) sein, gelle.

So war es nur folgerichtig und -somit sicherlich in seinen Augen gut, dass er der einzigen Partei im Bundestag, die sich gegen völkerrechtswidrige Kriegsmissionen ausspricht, den Biermannschen Spiegel vorhielt.
Und das tat er, wie man ihn kennen lernen durfte: selbstverliebt und arrogant, indem er sie, Die Linke, daran erinnert was sie in seinen Augen sind - Drachenbrut- und wer sie erledigen wird: Er.

Und da es im Universum Biermann eben nur Biermann gibt - jenen großartigen und einzigartigen, heldenhaften Barden, jenen, der es an gespielter Schröcklichkeit mit Troubadix ohne Anstrengung aufnehmen kann- natürlich mit Biermann in der Heldenrolle als Siegfried Drachentöter, der den "elenden Rest dessen, was zum Glück überwunden ist", quasi im Alleingang erledigt.

Mal davon abgesehn, was von Metaphern zu halten ist in denen es ums Erledigen von vorher animalisierten Menschen geht, nämlich nix, ist es scheinbar nur ein weiteres, peinliches Aufbäumen eines von der Gesellschaft Vergessenen.
Eines Vergessenen, der, wie es weiland Wiglaf Droste -dem man nicht oft genug danken kann für seinen Klarblick- in der taz zu dessen 70 Geburtstag auf den Punkt brachte.
Im Westen fand Biermann gleichgesinnte Feuilletonisten, also Mitmischer, Strippenzieher und Simulanten. Die Medienpartner-Kameraden halfen, die Mär vom Drachentöter Biermann in der Welt - oder doch wenigstens in der Springer-Welt - zu verbreiten. Doch das Verfallsdatum der von Biermann selbst stets als Markenprodukt feilgebotenen Ware Biermann war seit November 1976 abgelaufen. Anfangs wollte kaum jemand das bemerken, die ganze Aufregung war doch zu schön. Biermann selbst hat es als Einziger bis heute noch nicht gemerkt. Knötternd steigt der vorlaute Gammelclown auf alle Stühle, winkt, "Hier bin ich! Hier bin ich!", verströmt als routinierte rhetorische Nebelmaschine Eigenweihrauch en gros, stellt sich ins Spiegelkabinett und freut sich stolz über die vielen Zuschauer - oder, wie er sagen würde: über "die vielen, vielen Zuschauer".
Und, man kann anmerken, es hat sich seitdem nichts geändert.

Ihnen Ihr Blödbabbler
Lo - 8. Nov, 14:55

Bravo!
Ich frage mich, warum man nicht Karl-Heinz Kramm, den blondesten, deutschesten Barrden
(JAWOLL: mit 2 gerollten "r") in die Bundesbütt gelassen hat.

bloedbabbler - 8. Nov, 15:13

:-D

Heißt der nicht Heinz Georg?
Lammert wollte vermutlich keinen Ärger mit Norbert Hähnel, dem wahren Heino, haben der sich zurückgemeldet(via ruhrbarone) hat mit dem alten Slime Punkklassiker "Deutschland (muss sterben)":-)
kao´s (Gast) - 9. Nov, 13:32

herrliche ansichten

sehr geehrter blödbabbler, wie schön, dass es menschen gibt die nicht vergessen - danke!
leider in dieser "vergessen(den)en" gesellschaft selten geworden. wer hat eigentlich diesen (ich will ihnen nicht zu nahe treten) blödlieder(macher)schwätzer in den bundestag eingeladen, oder ist der womöglich mit seiner laute einfach "einmarschiert"?
na ja, beste grüße

bloedbabbler - 9. Nov, 15:36

Hallo kao´s.

Gerne.
Die Einladung war wohl ein coup vom Bundestagspräsidenten Lammert.
Und ich muss schmunzeln, wenn man in der liberalen Zeit folgende Sätze dazu lesen kann:
Und dann, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, wischt er die Ermahnung des Parlamentspräsidenten einfach weg: "Aber natürlich hab ich mir in der DDR das Reden nicht abgewöhnt, und das werde ich hier schon gar nicht tun". Da jubeln die meisten Abgeordneten und Lammert, der doch sonst immer das letzte Wort hat, schweigt.
Allein für diesen Satz, für diesen Moment, hat sich die Feierstunde, hat sich das ganz Gedenk-Bohei zum 25-jährigen Mauerfall-Jubiläum schon gelohnt. Da steht einer im Bundestag, im Herzen des Systems, und ignoriert dessen Formalien einfach. Weil er aus seiner eigenen Biographie weiß, dass es manchmal das Beste ist, sich nicht daran zu halten.
Zeit online

Da erhält also jemand -wohlgemerkt- in einer Demokratie, zu einer Feierstunde die exklusive Möglichkeit zu singen und nutzt sie aus indem er einen dicken Haufen auf die Formalien des Parlaments setzt und die Zeit jubelt dazu.
Nebenbei lebt Demokratie eben auch von und durch Formalien, wie bspw. das freie und allgemeine Wahlrecht, aber das nur am Rande. ;-)
Hier ging es um einen -mit Ankündigung geplanten- Affront, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Das man Biermann eine Bühne gibt und er die einzige Fraktion im Parlament angeht, die in den letzten Jahren nicht am Abbau von Sozialstaatlichkeit beteiligt war, die Einzige die tatsächlich Opposition ist und Alternativen zur herrschenden Politik benennt, kommt ja nicht von ungefähr.

Man bekommt, auch in der Reaktion von Lammert auf Biermanns Aufbegehren, einen Geschmack davon was von den Vertretern der Ordnung zu halten ist, wenn denn nur der Feind stimmt.
extempori (Gast) - 10. Nov, 09:59

Statt Biermann hätte ich David Hasselhoff erwartet, hat nicht er allein mit "Looking for Freedom" die Mauer niedergesungen? Zweifler mögen Herrn Hasselhoff fragen. Wolf Biermann verdanke ich ein tolles Konzert. Vor ewigen Jahren schenkte man mir Karten für sein Konzert im Audimax Bielefeld. Die Bühnen der großen Hallen hatte er schon durchgeheult und gab den weinenden Dichter jetzt in der Provinz. Kurz nach der Pause verließen wir die Veranstaltung. Biermanns ständiges Bemühen seine Gitarre zu stimmen, gerne auch zwischen den Strophen, war leider nicht abendfüllend. In der ersten Reihe sitzend, recht nah am Gitarrenstimmer, hinterließen wir noch ein Päckchen Papiertaschentücher auf dem Sitz, sicher der Biermannschen Tränen die noch weiter reichlich fließen würden. Den restlichen Abend verbrachten wir im seinerzeit legendären Cafe Oktober. Hier hatten wir das große Glück das zu fortgeschrittener Stunde Hannes Wader auftauchte, der öfters im Cafe Oktober auflief wenn er in seiner alten Heimat war. Gratiskonzert inbegriffen. So blieb der Abend in Erinnerung. Danke Biermann!
PS: Wiglaf Droste stammt aus Herford, Hannes Wader aus Bielefeld-Gadderbaum. Ostwestfalen scheint mir doch kein schlechtes Pflaster zu sein. Man muss sich auch mal trösten.

bloedbabbler - 10. Nov, 14:31

:-)

Ein Abend mit Wader -welch ein Kontrast zum grummeligen Biermann- da wäre ich auch Dankbar gewesen. Hätte mich aber doch immer wieder gefragt:"Was habe ich meinem Bekannten angetan, dass er mich mit Biermann Karten beglückt?" :-D
Wiglaf Droste stammt aus Herford, Hannes Wader aus Bielefeld-Gadderbaum. Ostwestfalen scheint mir doch kein schlechtes Pflaster zu sein. Man muss sich auch mal trösten.
Wenn sie das so sagen, muss ich zustimmen. :-)

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