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Darf ich für Sie stümpern?

Ich war in letzter Zeit wirklich oft essen, eine Zeit lang sogar täglich.

Ich frage mich jetzt allerdings immer öfter: wann genau wurde in der Speisegastronomie auf das Konzept der ungelernten Hilfskräfte im Service gesetzt?
Wann wurden all die HoFas durch talentfreie d-i-y Aushilfen verdrängt?
Bei den Preisen, mit denen ich gewöhnlich in der Gastronomie konfrontiert werde, sollten doch eigentlich auch die Kosten fürs gelernte Personal möglich sein, zumindest dann, wenn ich den meist dargebotenen Wareneinsatz betrachte, und die sich für den Gastronomen rechnende Fisting Faustformel: Selbigen Wareneinsatz mal drei, annehme.
Von den Getränkepreise die auch meist nach diesem berechnet werden, wenn nicht deutlich drüber, ganz zu schweigen.
Aber das bezahle ich ja, auch gerne, wenn dafür das Gesamtpaket stimmt.

Nun trinke ich, außer Whisky, keinen Alkohol, nicht mal mehr die hessische Muttermilch: Apfelwein, zumindest nicht öfter, als ein bis zweimal im Sommer.
Deswegen trinke ich gewöhnlich alkoholfreies Bier, das irgendwie immer in einer Flasche an den Tisch gebracht wird.
Alkoholfreies gibts in der Gastronomie offensichtlich aus Prinzip -und vermutlich aus Kostengründen- nicht aus dem Fass.

Das wäre ja sogar zu verkraften, wenn nicht immer der Kellner oder sein weibliches Pendant, die Kellnerine(?) lustlos, dafür mit mächtigem Schwung, einen Schuss der Flüssigkeit stürzend aus der Flasche kippten und diesen dann im Glas zu reinem Schaum umwandelten.
Magie der sinnfreien Sorte!

Danach stellen sie das Geschundene im Glas vor den Gast - in diesem Fall: mich.
Sie gucken dabei auch noch stolz, fast so, wie ein Kleinkind, das mit dem Finger auf den selbstgemachten Haufen im Wohnzimmer zeigt und enthusiastisch verkündet: Kacka, Kacka1!!111!.
Und so ähnlich finde ich diese unprofessionelle Gehabe auch - Kacka!

Zum Glück kann man sich auch meist darauf verlassen, dass diese definitiv ungelernten Kräfte einem den Teller gerne mal von links anreichen, während ich hoffnungsfroh nach rechts blicke.
Das sorgt dann auch immer gerne mal für Beinahe-Kollisionen und einfach einen starken Schub Scham, der meist aber zügig von aufkommendem Zorn verdrängt wird.
Beides definitiv keine Appetitanreger.

Und ich spreche hier nicht vom anatolischen Dönermann um die Ecke oder dem pakistanischen Pizzaladen mit angeschlossenem Bringdienst.
Es sind dies durchaus Gaststätten mit Stoffservierten und Menschen, die in Lakaienkostümen dilettantisch ihrem Tagwerk nachgehen.

Was ich in einer Kneipe (noch) akzeptabel finde, die studentische Hilfskellnerine mit üppiger Oberweite und intellektuellem Habitus oder den Maschinenlandwirtbauer hinterm Zapfhahn, ist mir inzwischen ein wahres Gräuel in der Speisegastronomie.

Mahlzeit, Ihnen Ihr Blödbabbler - Fresssack und Maulheld.
pathologe - 8. Apr, 08:09

(Hurra, es schreibt wieder!)

Ich möchte hierbei auf den Artikel 1 einer jeder BWL-Vorlesung hinweisen: es gibt nichts, was man durch Veränderung der Zusammensetzung nicht noch ein wenig billiger und dilettantischer herstellen kann, um die Gewinnmarge zu erhöhen. Packungsaufschriften wie beispielsweise "verbesserte Rezeptur" weisen direkt darauf hin.

Dies gilt, nachdem die Brut der BWL-ler kuckucksgleich inzwischen fast jede Firmenleitung übernommen haben und sich nun in der Praxis quasi straffrei austoben können. Sieht man es nicht gerade bei VW in Sachen Boni?

Was die Retaurants der gehobenen Klasse betrifft: Sie sind da womöglich einer der aussterbenden Kunden, die noch wissen, welche Besteckreihenfolge man benutzt, welches das Weiß- und das Rotweinglas sind und wie man diese beim Trinken zu halten hat. Die nächste Generation, die gerade heranreift, kann ja manchmal nur mit Mühe davon überzeugt werden, beim Essen nicht den linken Unterarm auf dem Schoß oder, was noch schlimmer ist, quer vor dem Teller abzulegen. Woher sollen die denn Etikette lernen, wenn sie als Etikette nur die Monopoly-Gewinnaufkleber auf MacDonalds-Pappcolabechern kennen? Und aus diesen Gründen passt man nun eben das Personal ökonomisch an. Weshalb Qualität liefern, wenn doch die gelieferte Qualität als solche gar nicht mehr erkannt wird? Nachfrage und Angebot regeln sich hier FDP-ideal doch schon selbst.

bloedbabbler - 10. Apr, 11:28

Ich hatte...

... so etwas befürchtet - Kostenmaximierung gepaart und befüttert durch aussterbendes, gelerntes Handwerk.

Wobei ich selbst auch gerne dazu neige den Arm abzulegen, immer mit Überlegung auf die Besteckreihenfolge schiele und mich eher unwohl in zu steifer Atmosphäre in Restaurants fühle.

Besonders solche, in denen gelebte Arroganz und Hochnäsigkeit gerne mal als Ausdruck von Etikette falsch verstanden werden.

Die Restaurants waren jetzt nicht aus dieser 'gehobenen' Klasse, solchen, in denen man bereits aus zwei Getränkekarten die Wassersorten zum Wein aussuchen darf. ;)

Dennoch zieht sich der von mir geschilderte, rote Faden, besonders das Ärgernis mit dem Biereinschenken, leider durch die meisten gastronomischen Orte wie ein Stück Zahnseide durch selten gereinigte Zahnzwischenräume. Schmerzhaft, blutig und unschön. :D
Lo - 11. Apr, 19:34

In solchen Fällen frage ich in der Tat schon mal beim Bezahlen ganz beiläufig:
"Und was machen Sie so hauptberuflich?"
Das kommt richtig gut! ;-)

bloedbabbler - 12. Apr, 11:09

:D

Netter Einfall, dafür spuckt einem dann -für den Wiederholungsfall des dort nochmal Essens- der Koch sicher in die Suppe und der Kellner tunkt seinen Stinkefinger beim Servieren rein. *örks*
Shhhhh - 11. Apr, 20:40

Da ich ja seit fast 20 Jahren in der Gastronomie arbeite, frage ich mich gerade, ob diese lange (Aus-?)Bildung genügt, um einen Facharbeiterbrief zu ersetzen. Vor dem geschätzten Herrn Blödbabbler wahrscheinlich nicht, und in der Tat tue ich mich schwer, wenn es ums Tellertragen und um Etikette in der gehobenen Gastronomie ginge. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass die Bezahlung fester, gelernter Kräfte in der Gastronomie nicht besser, sondern ebenso schlecht ist, wie bei "Aushilfskräften", nur sind diese für den Gastronom natürlich billiger, weil andere Kosten nicht anfallen z.B. Krankenversicherungsbeiträge in voller Höhe, denn Studenten sind ja meistens bei den Eltern oder selbst versichert, Urlaubsgeld usw.). Kellner ist demnach nicht unbedingt ein Wunschausbildungsberuf, und wenn doch, dann gehen diese Leute lieber dahin, wo sie auch ordentlich bezahlt werden, zum Beispiel in die Schweiz.
Mich wundert es auch aus saisonalen Gründen nicht, dass in diesem Berufszweig kaum mehr Wert auf eine Ausbildung gelegt wird, denn häufig werden nur zu bestimmten Zeiten viele Kräfte und häufig nur wenige Feste benötigt (Biergartenzeit, Weihnachtsgeschäft usw.).
Und was die Kosten anbelangt, da möchte ich, auch wenn es mir schwer fällt, die Gastronomen ein wenig in Schutz nehmen, denn kaum ist die Speisekarte fertig, gibt es plötzlich ein Produkt nicht mehr oder wird teurer oder muss durch ein anderes ersetzt werden, was sich in der Kalkulation natürlich erst mit der nächsten Speisekarte hereinholen lässt, und wer möchte schon gern jedes Jahr seine Speisekartenpreise anziehen, der Gastronom bestimmt nicht (ich kaufe ja seit Jahren für einen Gastronomen mit mehreren Standbeinen ein, da spreche ich aus Erfahrung). Der muss nämlich befürchten, dass die Gäste lieber beim Dönermann essen gehen.
Was die Unart des alkoholfreien Schaums im Glas anbelangt, so kann ich das voll nachvollziehen. Ich bestelle mir deshalb nur eine Flasche, ohne Glas.

bloedbabbler - 12. Apr, 11:24

Wenn sie, mein lieber...

Herr Shhhhh sich in den 20 Jahren ein paar der notwendigen Techniken angeeignet haben, werden sie vermutlich anständig ihrem Tagwerk (oder der Nachtschicht) nachgehen, da bin ich mir fast sicher. Wenn sie das ganze allerdings von der Pike auf gelernt hätten, benötigten sie vermutlich eben nur die Lehrzeit und keine 20 Jahre am bezahlenden Gast. :-p

In ihren Beschreibungen klang das aber auch meistens so, als wenn sie in einem Strandcafé oder ähnlichem zu Gange wären, dort, wie auch mein Hinweis auf die Kneipe oder den Tapasladen um die Ecke zeigen sollte, stört es mich nicht, wenn keine gelernte Vollkraft sich an mir abmüht. Dass das Grundgehalt nicht der Bringer ist, schon klar, aber dann dürften wir auch nur noch ungelernte MFAs oder TFAs und ZFAs haben - deren Gehalt liegt nun auch in Vollzeit nicht über dem des gemeinen Kellners. Haben wir aber nicht, worüber ich froh bin, wenn ich beim Zahnarzt auf dem Stuhl liege. Zusätzlich können Kellner, wenn sie denn ihrer Arbeit gut nachgehen durchaus auf einen anständigen Lohn kommen, wenn man die (nicht zu versteuernden) Trinkgelder mit einrechnet. Ich gebe gewöhnlich, wenn der Service nicht zu arschig war 10+% davon ab. Wenn meine Mitesser die anderen Gäste dies ähnlich halten, kommt bei einer Schicht einiges zusammen. So halte ich es übrigens auch bei der studentischen Bedienung die mir lediglich Getränke bringt, wenn ich in der Kneipe um die Ecke einkehre.
Beim letzten Ma(h)l gabs in einem Ausflugslokal(das aber gerne mehr sein möchte) wegen der unverschämten 20 Minuten Wartezeit auf die Rechnung einen deutlichen Abzug in der B-Note, mithin wurde der Betrag nur entsprechend aufgerundet. Die kommunizierte ich der Dame auch so: Vor 10 Minuten hätte es deutlich mehr gegeben - fördern und fordern, findet hier seine Berechtigung.

Aber, es freut mich, denn dies war - so ungern ich es zugebe- mein eigentlicher Aufhänger, dass sie den Teil mit dem Missbrauch des Flaschenbiers teilen. In besagter Kneipe trinke ich auch aus der Flasche, in Stoffserviertenumgebung und Lakaienkostüm wäre es sicherlich mal zu überlegen. :-D

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