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Mittwoch, 27. November 2013

Verrat allenthalben

Wohin man schaut werden die (Wahl)versprechen gebrochen wie das Brot beim letzten Abendmahl.
Mit einer Selbstverständlichkeit die offensichtlich aus Rückgrat- und einer selbstauferlegten Alternativlosigkeit genährt wird.
Wer keine Utopie einer Gesellschaft mehr hat, wer sich unter das Diktat des Kapitals und seiner Tempel der Märkte gebeugt hat, für den gibt es eben nur eins: Weiter so! Mehr vom ewig Gleichen und zwar pronto.
Kein Moment des Innehaltens, kein Ansatz von kritischer Reflexion oder gar der Versuch eines konstruktiven Nachdenkens über einen potentiellen, alternativen Lösungsansatz.
Es wird verharrt in verkrusteten Strukturen - und man arrangiert sich am Katzentisch der eigenen sozialen Absicherung und des Vorankommens.
Karrieristen ohne feste Grundsätze und Ziele; Menschen die alles für diskutabel halten sind professionell biegsam und so sieht das dann auch aus, was sie abliefern.
Beliebig. Was heute richtig ist kann schon morgen falsch sein und vice versa. Es gibt keine objektiven Wahrheiten, alles unterliegt dem Wandel der sich aus der Macht der Märkte steuert. Man reagiert nur, dort, wo es dringend angeraten ist gezielt zu agieren. Wo es gilt ein Primat einzufordern beugt man sich fatalistisch in sein Schicksal. Denn, es lebt sich nicht schlecht an den Trögen der Macht.
Und da, seit den Zeiten des seligen Georg Büchner, die Indifferenz der Deutschen sich nicht geändert zu haben scheint, trifft eigentlich auch sein Ausdruck des fronenden Viehs noch gut.
(Notiz an mich, wieder mehr Büchner lesen.)

Wie laut hat das versammelte Medienpack und die gesamte rechte Mischpoke -von Verrat und Missbrauch des Wählerwillens- aufgeschrien, als Frau Ypsilanti eine Minderheitsregierung mit Tolerierung der Linken für machbar hielt.
Wie laut haben dieselben Meinungsmacher, allesamt Lautsprecher des Kapitals, Profiteure und Exekuteure einer neoliberalen Agenda wieder gewarnt vor einem Sündenfall der da hieß "Linke Regierungsbeteiligung", immer mit dem süffisanten Hinweis auf einen Verrat der Frau Ypsilanti.
Verräter, so muss man trocken konstatieren, waren jedoch die Abtrünnigen rechten Ausleger innerhalb der SPD, die ihre eigene Partei gegen die Wand fuhren.
Quasi eine Verräterzelle innerhalb einer Verräterpartei. Und ist es nicht dialektisch, lustig ist es schon.

Nun also findet sich zusammen, was anscheinend zusammengehört.
Da man in den wichtigen Punkten sowieso bereits seit Jahren gemeinsam abstimmt und die einzige Oppositionsrolle der Partei der Linken zufällt, ist es nur folgerichtig seine Positionen, die man halbherzig im Wahlkampf postulierte, schnell wieder einzupacken und sich als Mehrheitsbeschaffer mit Brotkrumen aus den Mundwinkel der Kanzlerin oder in Hessen aus den Kiemen des Blobfischs abzugeben.

Doppelte Staatsbürgerschaft und ein gesetzlicher Mindestlohn sind sicherlich nette Themen, aber die drängenden Probleme für unsere Gesellschaft sind es nicht.
Dadurch, dass sich die Verräterpartei im Bund auf diese Nischen festgelegt hat, eine thematische Verengung die dem Diktum "nicht mit der Linken koalieren zu wollen" in nichts nach steht, festigt man das Gebäude der Grausamkeiten, welches die schwarze Pest über die letzten Jahre an den Insassen der Anstalt BRD exerziert hat.

In Hessen sondierte man immerhin mit den Grünen und der Linken, stellte aber fest: Die Linken sind nicht bereit wesentliche Züge, quasi ihr programmatisches Rückgrat zugunsten einer neoliberalen Alternativslosgkeitsagenda aufzugeben.
Das überraschte natürlich die beiden anderen Parteien, die sich im Laufe ihrer Rückentwicklung vom Mensch zum Einzeller, bereits von solch unnötigem Ballast wie einem Rückgrat, einem moralischen Kompass oder gar einer Utopie verabschiedet haben.
Das dann noch der Hinweis zur Verlässlichkeit der Linken kam, diese seien kein Garant für eine stabile Regierung (von just der Partei, die von den vier Helden der Kapitalfraktion vor 5 Jahren die Treppe der Bedeutungslosigkeit hinuntergeschupst wurde), kann man sicherlich nur noch mit einem gerüttelten Maß an Humor ertragen, oder mit einem geschüttelten Martini.

Und so entdeckten unsere grünen Freunde, nach historischem frenetischem Kriegs-Hurra und Prekarisierungsagenda ein weiteres Mal ihren Realitätssinn.
Denn, den analytischen Verstand und die moralische Integrität hatte man ja bereits sehr früh einer nüchternen Sachbetrachtung geopfert auf dem langen Marsch an die Fleischtöpfe der Nation.

Statt also an einer -imho sowieso nicht gewollten- sozialen Wende und einer möglichen politischen Veränderung im verkrusteten Hessen mitarbeiten zu wollen, kriecht man lieber zu Kreuze und arrangiert sich mit den wenigen Überschneidungspunkten, innerhalb der Sackgassen, bei der schwarzen Pest.
Lieber stolz mit dem eigenen Spatz in der Hand herumspielen, als sich mit der Tauben im Bett abgeben zu müssen. m(

Was kann der trübe deutsche Michel und die Micheline nun also zum Thema Verrat lernen?
Verrat ist dann gut, wenn er offensichtlich den Interessen des Kapitals dient, wenn er im Einklang zur herrschenden Wirtschaftwissenschaftlermeinung und den nachplappernden Nachrichtenzombies der führenden Leitmedien dieses Landes steht.
Mithin, dem Willen weniger, aber dafür umso mächtigerer Familien entspricht.
Dann nennt man den Verrat "Sich bei den Meinungen annähern", verbiegt Meinungsumfragen so, das man "einen Willen des Wahlvolks" daraus abzuleiten geneigt ist.

Letztlich läuft es auf die Worte vom alten Adenauer zurück" Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern".
Wer bei all dieser Heuchelei, bei jedem vollzogenen Verrat an den eigenen postulierten Programmen, sowie bei der ganzen herbeifabulierten Alternativlosigkeit nicht politikverdrossen resigniert, vor dem ziehe ich meinen imaginären Hut.
Ansonsten bleibt, bei all den gebrochenen Wahlversprechen die Frage nach der Legitimität der kommenden Regierungen.
Wenn sie fern des offenkundigen Wählerauftrags (der bei der Masse der Nichtwähler so schon Fragen nach der Legitimität aufwirft) in Hinterzimmern mauscheln und ihre Programmatiken der Pragmatik opfern.
Wenn sie sich auf Sachzwänge herausreden werden und auf die Verantwortung für Deutschland, für Ruhe und Ordnung (in der Produktionssphäre) plädieren, während sie der Masse der Insassen weitere Opfer abverlangen werden, welche dann flugs in den tiefen Taschen ihrer Spezies landen.
Dann erwacht eventuell ja auch mal der narkotisierte deutsche Patient und fragt sich vielleicht was man mit Hanf, außer rauchen und Rohren abdichten, noch sinnvolles anstellen kann.
Oder, um meine alten Tradition des Schlusszitats mal wieder kurz aufleben zu lassen, sei hier der werte Georg Büchner aus seinem Brief an August Stöber vom 9.12.1833 zitiert:Die politischen Verhältnisse könnten mich rasend machen. Das arme Volk schleppt geduldig den Karren, worauf die Fürsten und Liberalen ihre Affenkomödie spielen. Ich bete jeden Abend zum Hanf und zu d. Laternen."
Tjo, nach der letzten Wahl sind nun auch die Liberalen weg, dennoch die Affenkomödie ist geblieben.

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