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Dienstag, 5. November 2013

Aufschneider unter sich - Operation 5.0

So, eine weitere Operation liegt hinter mir.

Diesmal war es etwas Exotischeres, es handelte sich um eine Sialektomie der Glandula submandibularis.
Hä?
Genau, mein Körper, der sich gerne einen Spaß daraus macht, genau das nicht zu tun, was er -bei 99,8% meiner Mitmenschen tut, entschied -Anfang der 90 Jahre des letzten Jahrtausends- mich öfter mit einer Verstopfung des Speichelganges durch Steinbildung zu ärgern.
Gewöhnlich war das keine große Sache, der entsprechende HNO-Arzt führte ein Instrument, ähnlich einem dünnen Draht unter der Zunge in den Ductus submandibularis ein und zerstieß den noch jungen und wenig harten Stein; dessen Bröckchen ergossen sich dann mit gestauter Speichelsuppe in den Mundraum.
Ist tatsächlich so lecker, wie es sich anhört, aber besser, als der schmerzhafte Rückstau der Brühe bis zur Drüse und der damit einhergehenden Schwellung unterm Kinn bis zum Ohr.
Danach war das Problem -bis zum nächsten Vorfall- behoben.

Allerdings hatten sich, so die Vermutung der Ärzte aus eben jenem letzten Jahrtausend, bei diesen Steinzerstoßungen vermutlich kleine Teilchen weit in den Speichelgang, Richtung Drüse, verschoben.
Dort lauerten die mineralischen kleinen Biester dann darauf, sich im Laufe der Zeit von meinen Körperflüssigkeiten zu nähren und weiter zu wachsen.
Getreu der Klassikerzeile aus der Moritat von Mackie Messer "... die im Dunklen sieht man nicht".

So begab es sich also in der guten alten Zeit, dass dieser Stein sich dicht am Ausgang der Drüse festsetzte und immer mal wieder für einen gewissen Rückstau sorgte, der dabei die Drüse entzündete und in Mitleidenschaft zog.
Um ihn zu zerstoßen saß er -zumindest laut Aussage der betroffenen Ärzte- zu weit und zu nah an der Drüse, und auch ein Zertrümmerung wurde -ob der Nähe zum Gesichtsnerv- damals verworfen.
Man entließ mich so um 1992 mit dem Hinweis, falls der Stein oder die Drüse weiterhin Ärger machen würden, ich um eine operative Entfernung sowohl des Steins, als auch der Drüse nicht herum käme.

So vergingen die Jahre und mit ihnen meine Haarpracht und mein positives Menschenbild, nur der Stein meldete sich nicht mehr laut und schmerzhaft, sondern nur hin und wieder ganz leise, dafür dann aber mit dumpfen Druck.
Immer wenn dies der Fall war, dann trank ich -mit Todesverachtung und wider allen Ekel- Wasser wie ein Pferd -nur eben etwas weniger davon.
Gleichzeitiges Massieren der Drüse und lutschen von sauren Drops lösten dann das aufziehende Problem meist zügig, so dass mir chirurgisches Messerwetzen erspart blieb.

Bis dann, diesen Sommer, sich die Drüse entzündete oder der Speichelgang oder beides, ein sehr leidiges Ereignis.
Denn das erneute Auftauchen zwang mich auf dem runden Geburtstag der Frau IausF zum -man ahnt es schon- verschärften Wassertrinken *rabähhundigelspei*
Während um mich herum alle fröhlich dem Alkohol zusprachen, spielte ich -gezwungenermaßen- den Miesepeter mit der Lausestimmung.

Natürlich hatte ich gehofft, die Medizin hätte in den letzten 20 Jahren deutliche Fortschritte im Bezug auf Speichelsteine gemacht, als ich wagemutig meinen Weg zum HNO-Vertretungsarzt antrat.
Doch, obwohl der gute Mann kein Zahnarzt ist, zog er mir diesen Zahn (der Hoffnung) sehr schnell.
Da meine Drüse über die Jahre selbstredend in Mitleidenschaft gezogen worden sei, der Speichelgang durch heimliche Entzündungen vernarbt… blabla … könne man leider nichts sinnreicheres machen, als mir -wie im letzten Jahrtausend!11!!!!- eben die Drüse herauspräparieren und den Gang bis zum Stein aufschlitzen. *schauder*

Aber da ich noch nie ein Freund von Zaudern war, wenn dadurch nichts besser wird -was es eigentlich nie wird- dann sollte man die Nägel köpfen und sich und seinen Gästen reinen Wein einschenken.
Also wurde ein Termin vereinbart an dem mir besagter Arzt sehr nahe treten würde und an mir seine erporbten Doktorspielchen der blutigen Art vollzöge.
Was mich an der Vorstellung dieser OP gruselte war allerdings weniger die Vorstellung bei der Arbeit -mangels Verlustiggehung einer Sabberdrüse- weniger kräftig in die Hände spucken zu können, als vielmehr bei Missgeschick des Aufschneiders die Rolle des Phantoms der Oper antreten zu müssen.
Da bei der OP zwei wichtige Nerven geschädigt werden könnten, der Gesichtsnerv und der Unterzungennerv machte mich das Wissen darüber doch ein wenig ängstlich.
Da dann auch noch fast drei Monate bis zur OP zu überbrücken waren, hatte ich noch viel Zeit um mich selbst verrückt zu machen.
Zwar nicht so verrückt deswegen Hilfe bei imaginären Freunden zu suchen, aber doch soweit, echten Freunden damit stetig und vermehrt auf den Keks zu gehen. Sorry kommt hoffentlich nicht wieder vor. ;-)

Und wer mich kennt, weiß das ich nur ein gerüttelt Maß an Eitelkeit an den Tag lege.
Denn spätestens nach der zweiten Bauch OP und dem knapp 3 Monate dauernden Prozess bis die daumendicke und kleinefingertiefe Öffnung von selbst wieder zuwuchs, weil blöderweise die Nähte ausgerissen waren, ist es eh dahin mit dem schicken Adoniskörper.
Gemeine Freunde, solche, die mich schon lange kennen, behaupten allerdings in grob lügenhafter Weise, dies sei auch schon lange vorher -eigentlich immer- der Fall gewesen. :-D
Sei es drum, diese Narben sieht man nur, wenn ich delphingleich waschbärartig meine Bahnen durchs Schwimmbad ziehe, aber das im Gesicht wäre schon Mist gewesen.

Doch zum Glück wusste mein Arzt was er tut, war ausgeschlafen und hatte eine ruhige Hand, kurzum er war ein Profi.
Da die Drüse im Labor untersucht wurde, und ohne Befund blieb, was ich gerne hörte, gab es als Geschenk vom Doc leider nur den Stein-for-takeaway.
Und wie ein kleines Kind stolz auf seine selbstgemachten Haufen ist, "Mama guck mal hab ich gemacht!", so bin auch ich ob der Größe des Steins durchaus stolz es damit solange ausgehalten zu haben.
Hier sieht man den kleinen Racker noch mit leichtem Gewebeanhaftungen, von denen ich annehme, dass sie die nächste Zeit wegfaulen werden - sonst hole ich mir Würmer zum Säubern. :-D


Und -entgegen aller bisherigen OPs- hatte ich auch diesmal jenes Quäntchen Glück, welches man gemeinhin dem Tüchtigen, also eher nicht mir, nachsagt.
Keine Infektion (die Bauchfellentzündung nach der ersten Bauch-OP war schon unlustig), keine offensichtlichen Nachblutungen oder wulstigen Narben und eben keine herunterhängende Gesichtshälfte.
Was ein wenig in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist meine Zunge.
Zum einen kann man sich vermutlich vorstellen, wie es sich später anfühlt, wenn einem ein (auf)schneidender Draht unterhalb der Zunge in den Speichelgangausgang eingeführt wird und dann bis quasi hin zu den Weisheitszähnen den Gang eröffnet.
Zum anderen musste der Doc ja noch am in meinem Rachen steckenden Tubus vorbei kommen.
Anfühlen tut sich die Zunge -nun 5 Tage nach OP- immer noch, als habe man mir mit einem zangenähnlichen Gegenstand versucht die Worte im Mund herumzudrehen.
Der Zungennerv ist über all das Schnippeln, Schneiden, Zerren und Quetschen ein wenig verärgert und reagiert deutlich gereizt auf diese Situation.
Wer will ihm das verübeln?
Wer mal als Kind seine Zungenspitze zum Verbinden von Plus-und Minuspol an einer 9 Volt Blockbatterie benutzt hat, der kennt das Kribbeln und Bitzeln.
Das habe ich nun seit der OP auf der kompletten Zunge von der Spitze bis zum gierigen Schlund.
Hier hoffe ich jedoch, dass sich der Satz meiner Krankengymnastin -damals in Bezug auf den bei der Leisten-OP durchtrennten Beinnerv- bewahrheitet : "Wenns brennt, bitzelt oder wehtut ist da noch Leben, eventuell wirds ja wieder."
Und beim Bein hats nach nunmehr knapp 2 Jahren tatsächlich wieder einen Hauch von Gefühl.
Aber da der Zungennerv nicht durchtrennt ist, sondern nur gereizt, bin ich guter Dinge, dass das bald wieder normal wird.
Sonst steht bei den nächsten Whiskybesprechungen halt immer dabei: "Der bitzelt wie Prosecco", oder ähnliches. :-D

Grüße von Ihnen Ihrm rekonvaleszierenden Blödbabbler