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Montag, 9. August 2010

Schnaps, das war sein letztes Wort

Nachdem für viele Raucher bereits ein Teil Kultur von Gesundheitsfanatikern beerdigt wurde, durch das konsequente Zurückdrängen der Glimmstengel aus dem öffentlichen Raum, geht es nun auch dem Alkohol an den Kragen, wenn man dem netten Artikel bei der FAZ Glauben schenken möchteDem Rauchverbot wird bald das Alkoholverbot folgen. Die politischen Anstrengungen dazu laufen schon und sind kaum aufzuhalten. Vom zwangsläufigen Verschwinden eines Giftes, das wir ein Kulturgut nennen.
Erstaunt stelle ich fest, das auch ich mir eine Welt voller Fahrradhelm-Trägern, Light-Joghurt-Esser und ohne Raucher eigentlich nicht vorstellen konnte oder wollte, dennoch ist es so gekommen und diese widerliche Transformation findet täglich weiter statt.
Ich konnte mir ebenfalls nie vorstellen, das es Menschen geben könnte, die sich freiwillig Nahrungsmittel -oder was sie dafür halten- mit 0,1% Fett kaufen, inzwischen muss ich in unseren Supermärkten schon schwer gucken, ob es noch normalen Joghurt in den Regalen gibt.
Diese Schlankheitsfanatiker, gespeist aus der Dummheit Amerikas, gefüttert mit ungesunden Light-Produkten und deswegen erst Recht fett, diktieren das Warenangebot und gestalten die Republik kontinuierlich um.
Wenn ich mich an meine seeligen Kindertage erinnere, in jener Zeit da rauchte noch jeder Mann und nahezu jede Frau, die mich umgab.
In Filmen bekam man mehr Nacktheit zu sehen als aktuell in amerikanischen Serien, aber natürlich entscheidend weniger, als heute bei einer Deo-Werbung.
Zu einem Bier gehörte ein Korn und nur in dieser Tateinheit konnte man das gewähren lassen.
Jugendliche holten sich ihren ersten Vollrausch mit solch dezenten Getränken wie Appel-Korn oder Bacardi-Cola und auch wenn man danach dann dachte die Welt geht unter, war das nach dem Ende des Katers meistens passé.
Häufig blieb für Jahre oder gar lebenslang der Ekel vor dem auslösenden Agens - aber es gab noch so viele Sorten und Arten zu entdecken und unser Name war Maria Crono Marco Polo.
Später, beim gemeinsamen Rausch in kleinen Tavernen in die uns das gnädige Leben gespült hatte, haben wir in Rauchschwaden gehüllt, den Blick vom Alkohol geschärft, nächtelang das Mark der Existenz geschmeckt, gerne auch in der Geschmacksrichtung "Beck's".
Alkohol war in uns, um uns und selbstverständlich. Ebenso wie durchaus schmackhafte Nahrung der angenehm ungesunden, weil durchaus auch mal fettigen Art.
Nun sinkt der Alkoholkonsum seit 1980 in unserer Republik beständig und ich alleine kann da auch nicht gegen anstinken.
Nicht anders ist es mit dem Trinken: Seit seinem Gipfel im Jahr 1980 ist der Alkoholkonsum der Deutschen rückläufig. Das Volk, dessen Hang zum Pokulieren einer erstaunten Welt viele Jahrhunderte als nationales Wesensmerkmal galt, steht heute international nur noch auf Platz fünf im Pro-Kopf-Verbrauch. Und der Abstieg in die zweistelligen Ränge ist absehbar.
Eventuell gibt es dann -analog- zu der schäbigen Tour die mit den Rauchern gefahren wurde, dann ja kleine Trinkecken mit Heiz-Schirmchen in der Bar um die Ecke, in der man dann gebeten wird zum Trinken doch bitte nach draußen zu gehen um seine Mitmenschen nicht zu belästigen.
Es ist also gut möglich, das für den feinen alten Stoff "Alkohol" tatsächlich ganz leise im Hintergrund schon das Sterbeglöckchen sein Bimmeln angefangen hat.

In diesem Sinne kippe ich mir jetzt mal einen Pastis ein und erhebe mein Glas auf den guten alten Freund und Wegbegleiter - möge ihm noch ein langes Leben beschert sein und ihr, ihr sauertöpfischen Gesundheitsapostel erstickt an euren 0,1% Trinkjoghurts.
Diese Plörre wird, wenn es denn einen obersten Richter gibt, hoffentlich bald als "Verbrechen gegen die Menschheit" gebrandmarkt.
In diesem Sinne labe ich mich an einer Fettecke von Beuys und summe aus "Wer nicht genießt, ist ungenießbar" vom alten Konstantin WeckerIch steh doch immer wieder auf,
auch wenn bis jetzt noch vieles mies war.
Ab heute wird nichts mehr versäumt:
Wer nicht genießt, ist ungenießbar.

Ihnen Ihr Blödbabbler

Mittelalter reloaded - Und es war Sommer!

So, so ein Internet Pranger, also.
Nachdem ein Mensch seine Haftstrafe verbüßt hat, sollte die in § 2 Satz 1 StVollzG als Vollzugsziel festgeschriebene Resozialisierung möglich sein.
Der Mensch sollte also die Möglichkeit erhalten (wieder) ein nützliches Mitglied der Gesellschaft zu werden.
Wenn man allerdings diesen Menschen im Internet mit Namen, Bild und (verbüßter) Tat an einen sogenannten Pranger stellt, wird genau dieser Prozess nahezu unmöglich gemacht - das Vollzugsziel ad absurdum geführt.
Ich verstehe den (guten) Glauben der hinter dieser Forderung steckt, allerdings bedeutet er ausgeführt einen weiteren Schritt hin zu einem Verdächtigungs-, Präventiv und Denunziantenstaat.
"Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, wo sich entlassene Schwerkriminelle befinden. Ich will wissen, wenn ein Vergewaltiger in der Nachbarschaft meiner Enkelin wohnt", sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, dem für ihren pfleglichen Umgang mit Menschen und Bürgerrechten bekannten Holzpranger BILD am Sonntag.
Um es noch mal deutlich zu machen, es geht darum jemandem der seine Strafe verbüßt hat, der Meute zum Frass vorzuwerfen, weil man befürchtet das er eben nicht resozialisiert ist oder niemals sein wird. Man erhofft sich dadurch präventiv eine erneute Straftat zu verhindern. Das ist ein löblicher Ansatz, aber durch keine Fakten gedeckt. Wie erkenne ich einen bisher noch nicht aufgefallenen potentiellen Straftäter bevor er die Tat verübt? Wie kann ich ihn verurteilen für etwas das er noch nicht getan hat, aber möglicherweise tun könnte? Wer verhindert das ich -wem auch immer ein Dorn im Auge bin- und zufällig oder bewusst als möglicher zukünftiger Täter für was-auch-immer vorsorglich eingesperrt werde oder im Internet bloßgestellt?
Wer das Buch "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" kennt und sich an die Terroristenhysterie der 70 und frühen 80 Jahre des letzten Jahrhunderts erinnert, kann sich noch vorstellen, wie schnell -gerade mit einem Dreckschleudermegaphon wie der Boulevardpresse- jemand unschuldig in die Mühlen des Prozesses gelangen kann.
Aber soweit ist es ja hier noch nicht.
Es soll um freigelassene Schwerkriminelle gehen, bei denen geglaubt wird, vermutlich nicht zu Unrecht, dass von einer Tatwiederholung ausgegangen werden kann.
Doch auch bei diesen Subjekten steht fest, das sie als unschuldig zu gelten haben, solange sie sich nichts zu schulden kommen lassen.
Die Umkehrung des Schuldprinzips hin zu einem Präventivprinzip soll Sicherheit suggerieren, geht aber tendenziell erst einmal in Richtung Beschneidung von Freiheitsrechten.
Und völlig überraschend zeigt sich im home of the free bei unseren amerikanischen Freunden, die das mit einer Art Pranger bereits praktizieren, das es Nebenwirkungen zu geben scheint, die man soooo ja gar nicht voraussehen konnte.
Unter anderem scheinen die Betreiber der Datenbanken die Tendenz zu haben, diese, sind sie erst einmal eingerichtet, auf immer mehr Straftaten auszudehnen. In Maine wurde die öffentlich zugängliche Datenbank erst einmal vom Netz genommen, nachdem dort zwei Sexualstraftäter erschossen wurden.
Aber eventuell sind diese side effects von verantwortlicher Stelle auch durchaus erwünscht.
Und das hehre Ziel der Resozialisierung wird "Durch die Stigmatisierung [...] in jedem Fall [...] verhindert, was eine Wiederholungstat mitverursachen kann, kritisierten Bürgerrechtsorganisationen die Internet-Pranger für Straftäter."
Dann wird das mit dem Pranger letztlich zur Self-fulfilling prophecy und die Bürgerrechteeinschränker verkaufen das dann als Bestätigung ihres Handelns.
Mir ist klar, das es manchmal schwer auszuhalten ist, wenn auch wirklich schlechte Menschen Rechte haben, aber es darf in einem Rechtsstaat keine selektiven Lücken, kein Abweichen von einer klaren Linie geben.
So wie es keine Rechtfertigung für Folter gibt, so darf auch die Vorverurteilung und das Anprangern, aufgrund einer abgebüßten Strafe, nicht Teil dieses Rechtsstaates werden.
Aber eventuell ist der Rückfall in mittelalterliche Strafpraktiken, ähnlich der Scharia unserer Friedensfreunde, und damit das Erodieren von demokratischen rechtsstaatlichen Gesetzen auch nur ein Hinweis auf das nahende Ende einer bürgerlichen Illusion.
Das Zitat des Tages stammt vom alten Lessing und lautet:Das gegründetste Vorurteil wiegt auf der Waage der Gerechtigkeit soviel als nichts.
Ihnen Ihr Blödbabbler